X Architekten

WB Wohnhochhaus Nordbahnhof 

Standort:  Nordbahnhof Wien, Baufeld 2

Auftraggeber: Sozialbau AG, Wien

Planungsdaten: nicht offener Realisierungswettbewerb 2018 gemeinsam mit dem Büro Markus Pernthaler Architekten

Der Entwurf für das neue Wohnhochhaus fügt sich in den ambitio-nierten städtebaulichen Rahmenplan ein.
Durch das weitesgehende Auseinanderrücken der Hochhäuser von Baufeld 2 und 3, wird ein ausgewogener urbaner Knotenraum zwischen den 4 Hochpunkten (Schneewittchen, Norwestbahnhof, Bau-feld 2 und3) aufgespannt – ein missing-link zwischen den beiden Stad-tentwicklungsgebieten Norwestbahnhof und Nordbahnhof entsteht. Der markante Zuschnitt des Gebäudes reagiert zum Einen auf die geplanten Baumaßnahmen in der Umgebung und folgt zum Anderen der Logik einer aerodynamischen Optimierung. Das Hochhaus und der straßenbegleitende Riegel bilden eine kompositorische Einheit, die die südlich davon gelegene Bebauung zwar abschließt aber durch die Baukörperkonfiguration den Blick nach Norden freihält. Die Intention eines akzentuierten Brückenkopfes wird dabei unterstützt.

Die klare Unterscheidung zwischen öffentlichem, öffentlich nutzbarem und privatem Raum ist eines der zentralen Entwurfsmotive; es manifestiert sich in der begeh- und bespielbaren Topographie des Außenraumes, wobei die zugrundeliegende Idee der etwas erhöhten ‚Klippe‘ ausdrücklich begrüßt wird. Dadurch wird nicht nur ein schluchtartiger Eindruck im Bereich zum Bahndamm vermieden, sondern auch sichergestellt, dass ausgehend vom durch Verkehr geprägten Straßenraum eine graduelle Beruhigung der Aufenthaltszonen in die Tiefe des Baufeldes erzielt werden kann. Die Grundidee dieser landschaftlichen Prägung, die dem Schnittmuster des Gebäudes folgt, wird auch im Gebäude thematisiert. Durch die partielle Zweigeschoßigkeit der allgemein nutzbaren Flächen wird sowohl eine funktionale als auch visuelle Verbindung zwischen äußeren und inneren Freiflächen hergestellt.

Das Erscheinungsbild des Gebäudes wird durch drei Gestaltungselementene charakterisiert:

• den monolithischen Grundkörper, der durch seine Geometrie auf die Umgebung kontextuell reagiert
• zwei begrenzenden und visuell wirksamen Schnitt-flächen dieses Körpers, die sich durch die spezifi-sche Materialität abheben, die Vertikale des Hoch-hauses betonen und die aerodynamischen Werte verbessern
• sowie drei aufgelösten Balkon- und Loggiazonen, deren Durchbildung Algorithmen folgt, die auf Sicherheitsbedürfnisse, Begrünungsmaßnahmen, Windschutzerfordernisse und gleichmäßig verteilte Qualitäten abzielen
 
Das Ziel ist ein in sich schlüssiges Gesamtbild, in dem sich die Bedingungen der Nachbarschaft und die planerischen Absichten einer nachhaltigen Bespielung klar lesbar abzeichnen. In der Entwicklung der Grundrisse insbesondere der Sockelgeschoße wird der städtebauliche Ansatz sichtbar.
 
Durch die Funktionszuschreibungen im Erdgeschoß entstehen klar differenzierte Außenräume mit unterschiedlichen Qualitäten:
• die platzartige und großteils überdachte Erweiterung im Kreuzungsbereich attraktiviert die angenzenden Gewerbeflächen und bietet sich für kleinere und temporäre Aktivitäten an
• die Passage verbindet den öffentlichen mit dem öffentlich nutzbaren Raum im Baufeld 2
• der dem Gebäude im Norden und Osten vorgelagerte Grünbereich schafft durch seine topographische Durchbildung ein etwas erhöhtes Niveau mit Gastronomie und Gastgarten, welches etwas abgesetzt vom Verkehr auch zum Verweilen einlädt.
 
Während beim straßenbegleitenden Riegel das vorgehängte Sonnenschutzsystem den Außenauftritt bestimmt, sind es beim Hochhaus die beiden dem Baukörper vor-gelagerten ‚Regale‘ die das Erscheinungsbild prägen. Die konstruktive Durchbildung folgt mehreren Prinzipien. Durch die Exponiertheit des Gebäudes nimmt der Grad an schützenden Verglasungen nach oben zu. Obwohl jeder Balkon mit einem Pflanztrog ausgestattet ist, wird durch die Setzung der Tröge die wahrnehmbare Begrünung der Fassade nach unten intensiver (sie wird ergänzt durch eine üppige Bepflanzung des Freiraumes im 2. Obergeschoß). Die Größe der Loggien bzw. Balkone gibt es in einer größeren und kleineren Ausführung, wobei die zulässigen Nettonutzflächen der Wohnungen nicht überschritten werden.
 
Zwischen den Freiflächen verhindern eingehängte Betonfertigteilschürzen den Brandüberschlag. Durch die Kombination der verschiedenen Elemente wird ein lebendiges Bild generiert mit dem Ziel einer möglichst gleichmäßigen Verteilung der räumlichen Qualitäten.
Die spezielle Lage erfordert auch einen besonderen Auftritt. Im Sinne einer ausgewogenen urbanen Bespielung befinden sich auf Straßen- bzw. ‚Klippenniveau‘ nur Nut-zungen, die den öffentlichen Raum aufwerten oder für die Versorgung oder die Funktionalität des Gebäudes unbedingt notwendig sind. Im 2. Obergeschoß sind die für die Bewohner allgemein nutzbaren Flächen situiert, wobei vorgeschlagen wird, dass im straßenseitigen Riegel unterschiedliche Dienstleistungen angeboten werden. Der dazwischen liegende Freiraum ist ein wesentlicher Baustein des Konzeptes. Er dient als ‚intimer‘ Rückzugsort für die Bewohner und soll durch seine Ausstattung die Bedürfnisse aller Generationen abdecken. Die durch vor- und rückspringende Elemente stark gegliederte Fassade Richtung Westen am Hochhaus trägt wesentlich dazu bei, dass Abwinde abgemildert werden. Auf der Nordseite befinden sich fünf massive aerodynamische „Leitbleche“, die Wind in der Höhe halten und somit für hohen Komfort auf Fußgängerniveau sorgen.
Der räumlich begrenzte Garten im Hof, sorgt zusätzlich dafür, dass Wind von oben ein Druckpolster ausbildet und sich somit ein angenehmes Windklima einstellt.